Das Beste daraus backen: Bäcker und Konditoren über den Umgang mit der Corona-Krise
Sie versorgen uns mit unserem täglichen Brot, verführen uns mit süßen Köstlichkeiten, und helfen uns, die bedeutenden Momente in unserem Leben zu feiern: Bäcker und Konditoren sind ein integraler Bestandteil unseres Lebens. Doch was passiert, wenn das Leben, wie wir es kennen, plötzlich ins Stocken gerät? Wenn Mundmasken und soziale Distanzierung zur neuen Normalität werden? Wie können Bäcker und Konditoren weiterhin ihrer Arbeit nachgehen, jetzt, da COVID-19 unsere Alltagswirklichkeit verändert hat? Debic wandte sich (virtuell) an Profis der Branche, um herauszufinden, wie sie die Corona-Krise bewältigen.
Stark bleiben in schwierigen Zeiten
Wie viele andere Lebensmittelprofis sind Bäcker und Konditoren für ihren Elan, ihre Leidenschaft und ihre Entschlossenheit bekannt. Eigenschaften, die sich jetzt als nützlich erweisen, da sie aufgrund von COVID-19 gezwungen waren, ihre Arbeitsweise zu ändern. Von einem Tag auf den anderen mussten sie sich notgedrungen kreativ mit dem sich ändernden Verbraucherverhalten und den strengen staatlichen Richtlinien bezüglich der Arbeitsbedingungen auseinanderzusetzen. Es ist klar, dass die Corona-Krise nachhaltige Auswirkungen auf den Sektor haben wird, welche weiterhin mit schwerwiegenden finanziellen Folgen einhergehen. Doch jeder einzelne Profi, mit dem wir im Gespräch waren, sprach eher von "Lösungen" als von "Problemen". Viele erkannten schnell neue Möglichkeiten und schafften es, sich und ihr Unternehmen neu zu erfinden.
Die Umstrukturierung des Arbeitsplatzes
Da soziale Distanzierung zur Pflicht wurde, organisierten die meisten Geschäfte ihren Arbeitsplatz neu und verwendeten Bodenaufkleber, Handgele und Plexiglasscheiben, um sowohl Kunden als auch Personal zu schützen. Bakery Excellence in Roeselare (BE) stellt den Kunden sogar individuelle Plastik-Tools zur Verfügung, mit denen sie beim Bezahlen ihren Pincode eingeben können. Da die Auflagen innerhalb der Lebensmittelbranche bereits sehr streng sind und konsequent Desinfektionsmittel und Bakterizide eingesetzt werden, waren dort weniger drastische Änderungen erforderlich. Dennoch hat die Corona-Krise enorme Auswirkungen auf die Personalausstattung gehabt. Einige Unternehmen, wie z.B. Pastelería Calitos (SP), mussten einen Umsatzrückgang von 70% hinnehmen und waren daher gezwungen, auf das System der vorübergehenden Arbeitslosigkeit zurückzugreifen. Andere, wie die Patisserie Bijenkorf (NL), teilten die Belegschaft in Teams auf, die in unterschiedlichen Zeitfenstern arbeiteten. Chef Mark Potma entschied sich für strikte Maßnahmen wie das Messen der Mitarbeitertemperatur zu Beginn jeder Schicht, die konsequente Verwendung von Mundschutz und Handschuhen sowie das mehrmalige Desinfizieren am Tag.
Förderung des Online-Geschäfts
Herausfordernde Zeiten verlangen nach mutigen Schritten. Mehrere Unternehmen haben daher beschlossen, ihre Taktik zu ändern und ihre Online-Präsenz auszubauen. Websites wurden erstellt oder aktualisiert, Online-Bestell- und Lieferdienste wurden eingerichtet, und auch soziale Medien wie Facebook und Instagram wurden vermehrt genutzt, vor allem für Marketingzwecke und den Kundenkontakt. Über soziale Plattformen können beispielsweise getroffene Sicherheitsmaßnahmen kommuniziert oder über geänderte Öffnungszeiten und Take-away-Möglichkeiten informiert werden. Oder es können köstliche Kreationen präsentiert werden, die zum Kauf anregen.
Ein sorgfältig überlegter Online-Ansatz funktioniert, wie die Bäckerei Excellence (BE) und Bussu (BE) bezeugen, die einen stetigen Anstieg der Online-Bestellungen verzeichnen. Dieses System, zusammen mit den Hauslieferungen, war für viele Bäckereien die Rettung in der Not. Da die Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen, wird die Bequemlichkeit einer Hauslieferung sehr geschätzt und ist daher eine Erfolgsgarantie. So sehr, dass einige Unternehmen, wie z.B. Habaziro (SP), externe Lieferdienste in Anspruch nehmen mussten, um alle Bestellungen am Muttertag abzuwickeln. Die Patisserie Bijenkorf in Amsterdam (NL) hat sich mit Uber Eats zusammengetan und ist nun wieder zu 90% ausgelastet. Schöne Beispiele dafür, wie eine Krise neue Möglichkeiten schafft. Nicht nur in schwierigen Zeiten, sondern auch, wenn sich die Dinge wieder normalisieren
Aktualisierung des Produktsortiments
Hat die Corona-Krise Einfluss auf die Nachfrage bestimmter Produkte genommen? Haben die Bäcker ihr Produktsortiment geändert? Brot ist natürlich nach wie vor der Verkaufsschlager, aber da Veranstaltungen und Feierlichkeiten aussetzen, konzentrieren sich viele Unternehmen auf kleinere, schmackhaftere Kreationen. Die Bäckerei Van Dijk (BE) zum Beispiel verzeichnet einen Anstieg des Absatzes ihrer Wurstbrötchen. Habaziro (SP) und 100 x 100 Pan y Pastelería haben ihr Angebot um vorgefertigte Lunch- und Brunchboxen mit Sandwiches und Fruchtsäften erweitert. Die Optionen werden regelmäßig aktualisiert, was von ihren Kunden sehr geschätzt wird. Bakery Excellence (BE) bemerkt eine deutliche Verlagerung hin zu Produkten, die leicht zu transportieren sind. Dazu gehören beispielsweise Frühstücks- und Geschenkkörbe, die zu Ostern und zum Muttertag sehr beliebt sind. Neue Strategien helfen den Bäckern nicht nur, die aktuellen Veränderungen zu bewältigen, sie zeigen den Kunden auch die Motivation und den Willen zur Anpassung, was zur Kundenbindung beiträgt und den Unternehmen auch nach der Krise gute Dienste leisten wird.
Verändertes Kundenverhalten
Der Bäcker / Konditor Wouter Hanssens in De Pinte (BE) hat festgestellt, dass sich die Spitzenumsätze bei Backwaren vom Wochenende auf die Wochentage verlagert haben. Die Menschen suchen immer noch nach Möglichkeiten, sich selbst zu verwöhnen, besonders in diesen schwierigen Zeiten. Sie sind jedoch vorsichtiger mit ihren Ausgaben geworden, weshalb Hanssens sein Produktsortiment angepasst hat. Der Schwerpunkt liegt nun auf klassischen Kreationen, die die Kunden nicht oft selbst herstellen, wie zum Beispiel Eclairs, Apfelkuchen und Tiramisu. Leckereien wie Pfannkuchen und Kuchen, die jetzt massiv zu Hause gebacken werden, sind vorübergehend aus dem Sortiment genommen worden. Auch gesunde Optionen, wie Nuss- und Sportriegel, verkaufen sich gut. Raffel Putto von Hopfen & Storch rät allen, die noch keine Schokolade anbieten, diese einzuführen. Pralinen haben nicht nur ein langes Mindesthaltbarkeitsdatum, sie sind auch äußerst einfach zu verpacken und zu transportieren.
Ratschläge für Kollegen
Raúl Bernal von Chocolatería La Paca (SP) fasst seinen Ratschlag für Kollegen sehr schön zusammen: "Ruhe bewahren und weitermachen." Unternehmen, die sich in den letzten Monaten ständig erneuert haben und flexibel geblieben sind, geht es vergleichsweise besser, darin sind sich andere wie Sammy Bossu (BE) und Tiny Joosen (BE) einig. Auch wenn die Zukunft ungewiss bleibt, können Kreativität, Ruhe und Gelassenheit die Situation retten. Das Verbraucherverhalten muss antizipiert werden und das Unternehmen muss sich entsprechend anpassen. Coby Knoop vom Grand Hotel Huis ter Duin weiß, dass kreative Lösungen, konstante Qualität und exzellenter Service auch in den schwierigsten Zeiten dafür sorgen, dass die Kunden wiederkehren, sei es online oder in einem Geschäft. Deshalb ist es auch jetzt nicht an der Zeit, diese Standards aufzugeben oder zu lockern. Im Gegenteil, der Kunde ist heute mehr denn je König. Solange wir uns daran festhalten, wird der Sektor weiterhin das Beste aus sich herausholen.
Wir möchten den folgenden Unternehmen für ihre Zusammenarbeit danken
Belgien
La Dacquoise, Dimitri Salmon, Gozée
Bakkerij Excellence, Bart Vanhooren, Roeselare
Bakkerij Emmerix, Roland Emmerix, Riemst
Hanssens, Wouter Hansens, De Pinte
Bakkerij Tiny, Tiny Joosen, Sint-Leenaerts
Patisserie Bossu, Sammy Bossu, Nazareth
Niederlande
Grand Hotel Huis ter Duin, Coby Knoop, Noordwijk aan Zee
Hop & Stork, Raffel Putto, Den Haag
Patisserie Bijenkorf, Mark Potma, Amsterdam
Banketbakkerij Van Dijk, Don Frederiks, Gouda
Spanien
100 x 100 Pan y Pastelería, Alexis Garcia, Guía de Isora
Habaziro concept, Pablo Morales Melendrez, A Coruña
Pastelería Calitos, Ramon Morante, Guadahortuna
Chocolatería La Paca, Raúl Bernal, Huesca