"Wir müssen weiterhin lernen und wachsen"
Der ungarische Konditormeister Attila Meinhart ist überzeugt, dass sich alles ständig weiterentwickelt. "Schau dir die ganze Welt an. Schau dir Handys, Autos und sogar die Architektur an. Alles entwickelt sich weiter. Alles! Auch wir müssen uns weiterentwickeln. Wir müssen ständig lernen und wachsen. Selbst nach einem Jahr mit dem Coronavirus und all den restriktiven Maßnahmen."
Attila Meinhart ist Chef Patissier im berühmten Four Seasons Hotel Gresham Palace in Budapest. Die Liebe zu Süßem liegt ihm in den Genen, da sowohl sein Großvater als auch sein Urgroßvater dieser Berufung nachgingen. Nach seiner Ausbildung in Ungarn arbeitete Meinhart elf Jahre lang auf verschiedenen Kreuzfahrtschiffen, wodurch er Gebäck und dessen Herstellung aus aller Welt kennenlernen konnte. 2015 kehrte er auf das Festland zurück, um in einem Hotel in der Schweiz zu arbeiten. Seit 2017 ist er Leiter der Patisserie des Four Seasons in Budapest. Gemeinsam mit Debic blickt er zurück und nach vorn.
Wie hast du das vergangene Jahr erlebt?
"Ich arbeite als Chef Patissier in einem Fünf-Sterne-Hotel. Als der Tourismus zum Erliegen kam, war das sehr aufreibend. Aber wir hatten Glück: Die Hoteltüren mussten nicht geschlossen werden. Ganz im Gegenteil! Wir haben sogar eine neue Bar eröffnet: Múzsa. Schon nach drei Wochen war das ein überwältigender Erfolg. Freitags und samstags war es rappelvoll. Einfach magisch."
Hast du neue Möglichkeiten ausmachen können?
"Unsere Klientel setzt sich normalerweise zu 80-90 % aus Touristen und Geschäftsleuten zusammen. Aufgrund des Coronavirus sind diese Zahlen natürlich enorm gesunken. Deshalb haben wir uns gänzlich auf die lokale Kundschaft fokussiert: Ein Novum für uns. Es wurde eine "Cake-to-go-Aktion" ins Leben gerufen, bei der wir fünf verschiedene Torten in drei Größen anbieten. Da wir dreimal im Jahr eine saisonale Torte kreieren, können die Kunden auch Sonderwünsche äußern. Unserer Geschäftsleitung schlug ich vor eine luxuriöse "Kaffee-Ecke" mit entsprechendem Gebäck anzubieten, vergleichbar mit dem Café Gerbeaud. Wir müssen aber mehr tun, als einzelne Torten und Gebäckstücke zum Mitnehmen anzubieten. Ich denke da zum Beispiel an Pralinen, Macarons und Brotprodukte wie Marmelade. Wir können schöne Präsentboxen zusammenstellen. Da gibt es jede Menge Potenzial."
"Ich erhalte immer mehr Anfragen nach veganen Produkten, vor allem von Touristen. Achtzig Prozent derjenigen, die das anfragen, wollen einfach weniger Kohlenhydrate essen. Sie haben weder Allergien noch Laktose- oder Glutenunverträglichkeiten; es ist schlichtweg die gesündere Wahl. Dieses Segment entwickelt sich stets weiter. Die Rezepte werden immer besser - sowohl vegan als auch zucker-, gluten- und laktosefrei."
Wie gehst du mit der Nachfrage nach lokalen Zutaten und Rezepten um?
"Ich kombiniere viele Dinge. Oftmals bediene ich mich bei typisch ungarischen Desserts und verpasse ihnen meinen eigenen Schliff. Nehmen wir meine Sachertorte als Beispiel: Hier verarbeite ich Pflaumenmus aus lokaler Erzeugung. Viele Konditormeister halten sich an alte Traditionen, aber alles entwickelt sich weiter. Auch wir müssen weiterhin lernen und wachsen."
Wie siehst du die Zukunft unserer Branche? Und wie für dich selbst?
"Ich würde gerne mein eigenes Geschäft eröffnen. Im Moment erfreue ich mich vor allem daran, so innovativ wie möglich sein zu können. Ob als Chef Patissier oder Koch - unser Gehirn ist immer darauf aus sich neue Ideen, neue Techniken und deren Anwendung auszudenken. In der Krise mussten wir zwangsläufig innehalten. Selbst wenn man eine Million Ideen hatte, konnte man sie nicht ausprobieren oder anwenden. Ich habe Seiten voll mit Ideen, Rezepten und Desserts. Ja, ich kann die Tage nach dem Coronavirus kaum erwarten!"
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